4. HAUPTMERKMALE VON LERNPROZESSEN IN FORMALEN, NICHT-FORMALEN UND INFORMELLEN KONTEXTEN UND DER DAMIT VERBUNDENEN TRANSPARENZ-, VALIDIERUNGS- UND ZERTIFIZIERUNGSINSTRUMENTE

EU-Rechtsvorschriften über den Validierungsprozess für nicht-formales und informelles Lernen


Die Validierung von Lernergebnissen, die in nicht-formalen und informellen Kontexten erworben wurden, wird zu einem wesentlichen Schritt, um die Jugendarbeitslosigkeit in der EU zu bekämpfen. Die Validierung bietet denjenigen, die höchstens die untere Sekundarstufe abgeschlossen haben und nicht an einer weiterführenden allgemeinen oder beruflichen Bildung teilgenommen haben, die Möglichkeit, über die Relevanz ihrer früheren Lernerfahrungen nachzudenken und diese zu erkennen. Die Validierung nicht-formalen und informellen Lernens hat das Potenzial, junge Menschen zu motivieren, in die formale Bildung zurückzukehren oder neue Wege auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Häufig haben junge Menschen außerhalb formaler Berufsbildungsprogramme umfangreiche Arbeitserfahrungen gesammelt. Diese Erfahrungen vermittelten den Lernenden technische Fertigkeiten und müssen als relevant anerkannt und validiert werden. Die Validierung kann von verschiedenen Akteuren aus dem Berufsbildungssektor, dem Arbeitsmarkt und dem dritten (d. h. freiwilligen, unabhängigen oder zivilgesellschaftlichen) Sektor durchgeführt werden. 


Gemäß der EFQEA-Empfehlung sollten die nationalen Berufsbildungsrahmen Kriterien zur Förderung flexibler Karrierewege für Lernende enthalten. Dies bedeutet, dass geeignete Zugangsvoraussetzungen festgelegt werden sollten, um den Zugang zu Berufsbildungsprogrammen zu erleichtern, indem alle relevanten nicht formalen und informellen Lern- oder Vorbereitungsprogramme berücksichtigt werden. Ebenso sollten Qualifikationen, die im Rahmen von Berufsbildungspraktika erworben wurden, in die nationalen Qualifikationsrahmen aufgenommen werden, um Lernenden in der beruflichen Bildung den Zugang zu weiteren Lernmöglichkeiten, wie z. B. zur Hochschulbildung, zu ermöglichen. Qualifikationen, die in formalen Berufsbildungsprogrammen oder in informellen Umgebungen erworben wurden, sollten auf den Europäischen Qualifikationsrahmen verwiesen werden, um die transnationale Mobilität der Lernenden zu fördern. 


Die Schaffung eines gemeinsamen EU-Rahmens für die Anerkennung und Validierung von nicht-formalem und informellem Lernen kann jedoch eine Herausforderung darstellen. Der Zweck des Validierungsprozesses besteht darin, jungen Menschen die Möglichkeit zu bieten, ihr erworbenes Wissen, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten nachzuweisen, auch im Hinblick auf Meta- und übertragbare Fähigkeiten, die auf den heutigen Arbeitsmärkten sehr gefragt sind. Der Berufsbildungssektor war einer der Hauptbefürworter der Validierung von nicht-formalem und informellem Lernen, da diese eng mit der Arbeitsmarktdynamik, dem arbeitsbezogenen Lernen und der Erwachsenenbildung verbunden ist. Der Berufsbildungssektor hat schon immer auf Lernergebnisse und kompetenzbasierte Standards zurückgegriffen, da diese leichter mit früherer Arbeitserfahrung in Verbindung gebracht werden können. Daher ist zu erwarten, dass der Berufsbildungssektor auch in Zukunft eine zentrale Rolle bei der Validierung spielen wird . 


Mit der Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 wurde ein Europäisches Leistungspunktesystem für die Berufsbildung (ECVET) eingerichtet. ECVET ist ein Instrument, das Lernenden bei der Übertragung, Anerkennung und Akkumulierung ihrer Lernergebnisse hilft, um eine Qualifikation zu erreichen. Es ermöglicht dies auch für einzelne Lerneinheiten. Dies ermöglicht es den Lernenden, eine Qualifikation in ihrem eigenen Tempo durch Lernergebnisse aufzubauen, die sie in verschiedenen Lernkontexten und in verschiedenen Ländern erworben haben. Das ECVET legt Grundsätze und technische Spezifikationen fest, um die Übertragbarkeit und Mobilität von Qualifikationen und Lernergebnissen zu verbessern, und bezieht sich dabei auf bestehende Rechtsvorschriften und Regelungen.


Die Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung des nichtformalen und informellen Lernens ist das derzeit wichtigste politische Dokument, das die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, bis 2018 Regelungen für die Validierung zu schaffen. Laut diesem Dokument sollten Berufsbildungsanbieter den Zugang zu formalen Berufsbildungsprogrammen auf der Grundlage von Lernergebnissen, die in nicht-formalen und informellen Umfeldern erworben wurden, erleichtern, auch durch die Gewährung von Freistellungen und/oder Credits. Das Dokument schlägt vor, die Validierung des nicht-formalen und informellen Lernens mit bestehenden EU- und nationalen Qualifikationssystemen und -standards zu verknüpfen. 


In der Empfehlung des Rates werden die Elemente der Validierung wie folgt beschrieben:


  • Identifizierung der Kompetenzen einer Person;

  • Dokumentation, um Nachweise für die ermittelten Kompetenzen zu erbringen;

  • Eine Bewertung dieser Erfahrungen, bei der die Lernergebnisse mit den Standards verglichen werden; 

  • Bescheinigung der Ergebnisse der Bewertung, die zu einer vollständigen/teilweisen Qualifikation führen kann.



Abbildung 5 - Elemente des Validierungsprozesses


Die oben aufgeführten Phasen können je nach den spezifischen Bedürfnissen der einzelnen Lernenden auf unterschiedliche Weise angewandt werden. Im Hinblick auf eine formale Qualifikation ist zum Beispiel die Beurteilungsphase von wesentlicher Bedeutung. Im Hinblick auf die Freiwilligenarbeit könnten die Phasen der Identifizierung und Dokumentation relevanter sein. 


Für jede Phase des Validierungsprozesses sollten die EU-Mitgliedstaaten gewährleisten, dass eine transparente Methodik und objektive Messinstrumente zur Qualitätssicherung vorhanden sind. Dies soll eine zuverlässige, gültige und glaubwürdige Bewertung gewährleisten. Die Glaubwürdigkeit und Transparenz des Validierungsprozesses ist ein wichtiger Aspekt, um zu gewährleisten, dass die Lernleistungen von den formalen Bildungssystemen und den Arbeitgebern anerkannt werden. Wenn dies nicht der Fall ist, werden die Lernenden mit Hindernissen in Bezug auf den Bildungsaufstieg und die Beschäftigungsfähigkeit konfrontiert. 


Die Empfehlung des Rates fördert die Entwicklung der beruflichen Kompetenzen des am Validierungsprozess beteiligten Personals. Die Praktiker sollten Zugang zu einschlägigen Schulungen, praktischen Leitlinien, Methoden und Instrumenten haben. Neben der Aneignung pädagogischer, psychologischer und kultureller Kompetenzen sollten sie in der Lage sein, zweckmäßige Validierungsansätze auszuwählen. Bei den Validierungsansätzen wird zwischen einem summativen und einem formativen Ansatz unterschieden. Der summative Validierungsansatz zielt auf die Formalisierung von Lernergebnissen ab, häufig durch die Sicherstellung der Entwicklung harter/technischer Fähigkeiten, und ist an Bildungseinrichtungen gebunden, die berechtigt sind, Qualifikationen zu vergeben. Der formative Ansatz zielt darauf ab, eine Rückmeldung über den Lernprozess einer Person zu geben, oft in Form von Metafähigkeiten, wobei Stärken und Schwächen hervorgehoben werden und eine Grundlage für die persönliche Bildungs-/Karriereplanung geschaffen wird.


Wenn es darum geht, Nachweise für Lernerfolge zu erbringen, sollten die Praktiker Instrumente auswählen, die für die jeweilige Situation geeignet sind. Unter bestimmten Umständen sind Gesprächsmethoden und Beobachtungen besser geeignet, in anderen Fällen könnte ein Test/eine Prüfung angemessener sein. Bei der Dokumentation von Lernergebnissen müssen sie die am besten geeigneten Instrumente auswählen, um diese darzustellen. Beispiele sind Lebensläufe, Referenzschreiben oder ein E-Portfolio. Letzteres ist ein neueres Instrument, das es dem Einzelnen ermöglicht, seine erworbenen Kompetenzen und Fertigkeiten zu reflektieren, zu identifizieren und zu sammeln und dem Zielpublikum einen umfassenden und authentischen Überblick über seine Lernergebnisse in einem digitalen Format zu geben. In der Empfehlung wird auf die Bedeutung gemeinsamer EU-Instrumente für Transparenz und Anerkennung und deren potenzielle Unterstützung des Validierungsprozesses hingewiesen, wie z. B. Europass und Youthpass. 


Abschließend wurde in der Empfehlung das Europäische Inventar zur Validierung des nichtformalen und informellen Lernens eingerichtet. Die Plattform wird vom CEDEFOP betrieben, das bei der Konzeption, Entwicklung und Umsetzung von Validierungssystemen hilft. Dieses Inventar fördert den Dialog und das gegenseitige Lernen zwischen den Akteuren der Berufsbildung in der EU, indem es einen Überblick über bewährte Verfahren und Regelungen bietet. CEDEFOP verbreitet auch EU-Leitlinien für Validierungssysteme. Das neueste Dokument aus dem Jahr 2015 zeigt die wichtigsten Herausforderungen auf, mit denen Praktiker konfrontiert sind, und bietet praktische Lösungen. 



Last modified: Friday, 21 July 2023, 4:45 PM